Ein allzeit unbequemer Feuerkopf

Vor 150 Jahren wurde der Politiker und Journalist Max Quarck geboren

Er war eine der schillerndsten und zugleich umstrittensten Persönlichkeiten in der politischen Geschichte Frankfurts. Der Politiker und Journalist Max Quarck war das erste sozialdemokratische Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung. In seiner späteren politischen Karriere wirkte er an der Weimarer Verfassung mit. Vor 150 Jahren wurde Max Quarck geboren.

Frankfurt am Main (pia) Plötzlich war man nicht mehr unter sich. Ein Sozialdemokrat hatte es trotz des einkommensabhängigen Kommunalwahlrechts geschafft, in die bisher rein bürgerliche Domäne der Stadtverordnetenversammlung einzubrechen: In einer Stichwahl im November 1900 gewann der Journalist Dr. Max Quarck mit 588 von 1.077 abgegebenen Stimmen das Mandat für Bockenheim. Am 3. Januar 1901 bezog er als „Einmannfraktion“ seinen Platz in der Mitte der hintersten Reihe im Stadtparlament. Von seiner allerersten Sitzung an mischte er sich kräftig ein. Zu fast jedem Tagesordnungspunkt meldete er sich zu Wort, um zu zeigen, dass jeder Gegenstand auch von sozialem Interesse sei. Sobald er sich erhob, begann die bürgerliche Mehrheit im Saal zu stören und zu lärmen, um den Neuling aus dem Konzept zu bringen, wobei auch nicht mit witzelnden Zwischenrufen zu dessen Namen gespart wurde. Quarck ließ sich nicht beirren und hielt trotzdem oft über einstündige Reden. Erst im Lauf der Jahre stand er nicht mehr allein, wurden weitere sozialdemokratische Abgeordnete in die Stadtverordnetenversammlung gewählt.

Sonnemann holte Quarck zur Frankfurter Zeitung

Vor 150 Jahren, am 9. April 1860, wurde Max Quarck als Sohn eines Juristen in Thüringen geboren. Schon während seines Studiums der Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft in Leipzig setzte er sich intensiv mit sozialistischen Theorien auseinander. Nach der Promotion 1883 schlug er die Richterlaufbahn ein. Doch kurz vor dem Assessorexamen wurde er im Juli 1886 „wegen umstürzlerischer Bestrebungen“ aus dem Staatsdienst entlassen. Er hatte zwei führenden Vertretern der – damals illegalen – Sozialdemokratie in Sachsen und Thüringen bei der Organisation eines Vortragssaals geholfen. Daraufhin wandte sich Quarck, der zuvor schon regelmäßig für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften geschrieben hatte, ganz dem Journalismus zu, zunächst als Redakteur der „Deutschen Zeitung“ in Wien. Im Herbst 1887 holte ihn Leopold Sonnemann, der Gründer, Herausgeber und Verleger der Frankfurter Zeitung (FZ), als volkswirtschaftlichen Redakteur dieses Blattes nach Frankfurt am Main.

Quarck ging keinem Konflikt aus dem Weg

In Frankfurt entwickelte sich Max Quarck zu einer der schillerndsten und zugleich umstrittensten Persönlichkeiten in der politischen Geschichte der Stadt. In der Redaktion der FZ geriet er zunehmend in politisch motivierte Konflikte mit Sonnemann, die anlässlich der Berichterstattung über den Bergarbeiterstreik im Mai 1889 kulminierten, als sich Quarck auf die Seite der Arbeiter stellte. Eines Tages im Februar 1891 strich Sonnemann erstmals einen kompletten Leitartikel von Quarck. Dieser forderte daraufhin eine Gehaltserhöhung. Sonnemann kochte vor Wut. Letztlich zeigte sich der Verleger dennoch großzügig: Er entließ Quarck zwar endgültig, aber fristgerecht aus der Redaktion, wobei er ihm mit hohen Abfindungsleistungen entgegenkam. Quarck blieb, zunächst als freier Journalist, in Frankfurt. Im Sommer 1896 übernahm er die Redaktion der „Volksstimme“, des Parteiorgans der Frankfurter Sozialdemokratie, das als Tageszeitung im gesamten Rhein- und Maingebiet verbreitet war. Trotz einer rasanten Parteikarriere war Quarck in den eigenen Reihen nicht unumstritten. Die Genossen aus der Arbeiterschaft, insbesondere außerhalb Frankfurts, hegten Vorbehalte gegen den Akademiker aus bürgerlichem Hause. In der Frankfurter Sozialdemokratie allerdings stieg sein Ansehen nach seiner Wahl zum Stadtverordneten im Jahr 1900. Dennoch eckte er mit seiner eher pragmatischen, kompromissbereiten Politik in seiner Partei an.

Beteiligt an der Ausarbeitung der Weimarer Reichsverfassung

Bei den Kommunalwahlen 1912 verlor Quarck sein Mandat als Stadtverordneter. Im selben Jahr zog er als Abgeordneter Frankfurts in den Reichstag ein. Während des Ersten Weltkriegs stand Quarck, der die Kriegskredite entschieden befürwortete, im Kreuzfeuer einer heftigen Debatte innerhalb der SPD. In deren Folge musste er die Chefredaktion der „Volksstimme“ 1917 abgeben. Trotz seiner umstrittenen Stellung in der Sozialdemokratie wurde Quarck 1918 zum Beigeordneten im Reichsamt des Innern ernannt und kurz darauf in die Nationalversammlung gewählt. Als Zweiter Vorsitzender des Verfassungsausschusses war er maßgeblich an der Ausarbeitung der Weimarer Reichsverfassung beteiligt. So setzte er sich etwa für Schwarz-Rot-Gold als neue Nationalfarben ein, und er beantragte – zunächst zwar erfolglos – die Abschaffung der Todesstrafe mit.

Ein Haus in Frankfurt trägt seinen Namen

Zu Beginn der Zwanzigerjahre zog sich Quarck aus der aktiven Politik zurück und widmete sich wieder stärker der journalistischen und schriftstellerischen Tätigkeit, insbesondere der Geschichtsschreibung der Frankfurter und der deutschen Arbeiterbewegung. Außerdem wirkte er als Lehrbeauftragter an der Akademie der Arbeit und später auch an der Universität. Am 21. Januar 1930 starb Max Quarck infolge eines Herzleidens in Frankfurt. Zusammen mit seiner zweiten Frau Meta Quarck-Hammerschlag, einer engagierten Frauenrechtlerin und führenden Sozialpolitikerin, die seit 1919 als erste Frau dem Frankfurter Magistrat angehörte, hatte er zuletzt am Röderbergweg gewohnt. Dort hatte sich das Ehepaar das Kutscherhaus seines Anwesens als Arbeitsstätte eingerichtet. Als „Meta-und-Max-Quarck-Haus“ beherbergt jenes Fachwerkhäuschen heute die Geschichtswerkstatt der Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Sabine Hock

Service PRESSE.INFO, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Feature vom 01.04.2010

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