Ein guter Freund

Eine Ausstellung des Filmmuseums zum 100. Geburtstag von Heinz Rühmann

Über Jahrzehnte galt er als der beliebteste deutsche Schauspieler. Anlässlich seines 100. Geburtstags wirft nun das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt einen Blick auf den bekannten, aber auch auf den weniger bekannten Heinz Rühmann. Begleitend zur Ausstellung zeigt das Kino des Deutschen Filmmuseums eine Reihe von Filmen mit dem berühmten Schauspieler.

Frankfurt am Main (pia) „Der Clown, der Clown / war immer lustig / anzuschaun; / doch keinen ließ / der Clown, der Clown / in sein Herz / hineinschaun“, sang Heinz Rühmann in einem Chanson von 1975. Damit griff er ein Motiv seines eigenen Lebens auf: Allen war er bekannt, doch nur wenige kannten ihn. Rühmann war jahrzehntelang der wohl beliebteste deutsche Schauspieler. In der Rolle des kleinen Mannes, der sich mit einem verschmitzten Lächeln durch alle Lagen des Lebens laviert, bis er schließlich sein kleines Glück findet, hatte sich der Komödiant in die Herzen des Publikums gespielt und war so zum „guten Freund“ seiner Fans geworden.

Den bekannten und den unbekannten Heinz Rühmann zeigt jetzt eine Ausstellung anlässlich des 100. Geburtstags des Schauspielers, die das Deutsche Filmmuseum vom 16. Oktober 2002 bis 16. Februar 2003 präsentiert. Die Schau mit dem Titel „Ein Freund, ein guter Freund - Heinz Rühmann“ entstand in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum Berlin / Stiftung Deutsche Kinemathek, das auch Rühmanns Nachlass verwaltet. Es werden zahlreiche bisher unveröffentlichte Dokumente, darunter persönliche Briefe und private Filmaufnahmen, zu sehen sein. Kurator der Ausstellung ist der Berliner Filmhistoriker und Fernsehkritiker Dr. Torsten Körner, dessen Biografie des Schauspielers („Ein guter Freund - Heinz Rühmann“, Aufbau-Verlag, 479 S., 25 Euro) zugleich das Begleitbuch zur Ausstellung ist. Ergänzend zeigt das Kino des Deutschen Filmmuseums eine Reihe von Filmen mit Heinz Rühmann.

Der am 7. März 1902 in Essen geborene Heinz Rühmann entdeckte seine Liebe zum Theater als Gymnasiast in München. 1919 ging er ohne Abitur von der Schule ab und nahm lieber Unterricht bei dem Hofschauspieler Friedrich Basil. Seine ersten Bühnenerfolge hatte er ab 1925 an den Münchner Kammerspielen und ab 1927 am Deutschen Theater in Berlin. Wahre Triumphe feierte er um diese Zeit als der „Mustergatte“ in der gleichnamigen Komödie von Avery Hopwood. Mit seiner Rolle als einer der „Drei von der Tankstelle“ in dem Ufa-Film von 1930 wrde Rühmann über Nacht zum Star. In dieser „Tonfilmoperette“ sang er mit seinen Partnern Willy Fritsch und Oskar Karlweis auch den Song, der der Ausstellung den Titel gab: „Ein Freund, ein guter Freund“.

Die Karriere des Schauspielers Heinz Rühmann überdauerte die politischen und gesellschaftlichen Wandlungen in Deutschland im 20. Jahrhundert: von der Weimarer Republik über das „Dritte Reich“ bis in die Nachkriegszeit des geteilten Staates. Genau vier Jahre nach der Wiedervereinigung, am 3. Oktober 1994, starb Heinz Rühmann in Aufkirchen am Starnberger See. Sein Leben und sein Werk in Beziehung zur deutschen Geschichte und zum deutschen Alltag seiner Zeit zu setzen, ist ein Anliegen der Ausstellung im Deutschen Filmmuseum. Besonders beleuchtet wird dabei auch Rühmanns Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus, als der Schauspieler ganz im Sinne der NS-Propaganda in zahlreichen unpolitischen Unterhaltungsfilmen mitwirkte, u. a. als “Pfeiffer mit drei f“ in seinem bis heute berühmtesten Film „Die Feuerzangenbowle“ (1944). Immer wieder zeigt sich, dass Rühmann zu den „braunen“ Machthabern zwar so viel Distanz wie möglich, aber auch so viel Nähe wie nötig hielt - nicht nur im beruflichen, auch im privaten Interesse. So ließ sich der leidenschaftliche Sportpilot freiwillig als Kurierflieger bei der Wehrmacht registrieren, um während des Krieges weiterhin fliegen zu können, wofür er einen propagandistischen Auftritt als Kurierflieger in der Wochenschau durchaus in Kauf nahm.

Rühmanns Arrangement mit dem NS-Staat erscheint vor dem Hintergrund seiner persönlichen Situation allerdings noch in anderem Licht. Der Schauspieler war seit 1924 mit der ehemaligen Kollegin Maria Bernheim verheiratet. In der Ehe kri­selte es schon 1933 seit längerem, doch wollte sich Rühmann zunächst nicht scheiden lassen, um seine aus jüdischer Familie stammende Frau vor dem Zugriff der NS-Schergen zu schützen. Wegen dieser „Mischehe“ konnte er seinen Beruf nur mit einer jederzeit widerrufbaren Sondergenehmigung ausüben. Als er sich 1936 in die Schauspielerin Leny Marenbach verliebte, hätte Rühmann seine Ehe doch gerne gelöst. Erst nach der Scheidung von Maria Bernheim, die kurz darauf eine zu ihrem Schutz eingefädelte Scheinehe mit einem neutralen Ausländer einging, wurde Rühmann 1938 in die Reichsfilmkammer aufgenommen, so dass er künftig uneingeschränkt als Schauspieler arbeiten konnte. Doch konnte der Star nie ganz aufatmen: Seine zweite Frau, die Schauspielerin Hertha Feiler, die er 1939 heiratete, galt als „Vierteljüdin“. Solche Zusammenhänge enthüllt die Ausstellung etwa in dem Kabinett „Der Herzensbrecher“ zur Geschichte von Rühmanns drei Ehen. Es ist eines von sieben Kabinetten zu Schwerpunktthemen aus Leben und Werk des Schauspielers.

Einige besondere Einzelobjekte des Rühmann-Nachlasses finden sich ebenfalls in der Ausstellung. So kann man alle zwölf goldenen „Bambis“ bewundern, die Rühmann von 1962 bis 1984 verliehen wurden. Gezeigt wird auch der Clownsanzug, den Rühmann bei seinem Auftritt an der Seite des russischen Clowns Oleg Popov im Zirkus Krone trug. Mit diesem Auftritt im Jahr 1980 ging für den Schauspieler, der von jeher von der Figur des Clowns fasziniert war, ein Lebenstraum in Erfüllung.

Sabine Hock

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 36 vom 17.09.2002

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