Ein Triumphbogen für Maria Schell

Ausstellung und Filmreihe im Deutschen Filmmuseum

Sie war eine Charakterdarstellerin von internationalem Format: Maria Schell. Ihr widmet jetzt das Deutsche Filmmuseum eine Ausstellung und Filmreihe, die am 31. Januar in Anwesenheit von Maximilian Schell eröffnet werden. Präsentiert werden Fotos, Arbeitsmaterialien und persönliche Gegenstände, die das Frankfurter Haus aus dem Nachlass der Schauspielerin erhalten hat.

Frankfurt am Main (pia) Maria Schell hat viele Gesichter. Von der Decke der Ausstellungsräume im Deutschen Filmmuseum blicken sie herab, von 37 riesigen Porträts, die den Weg der Schauspielerin von der mädchenhaften „Gritli“ bis zur alternden Maria nachzeichnen. Dieses Gesicht ist immer anders, überraschend neu, stets präsent. Ein „Antlitz ohne Grenzen“, wie der Verleih in einem Presseheft für den Film „Die Ratten“ 1955 treffend bemerkte. Wer dazu aufschaut, wundert sich nicht mehr, dass sich „die Schell“ zeit ihres Lebens wütend gegen das Image des „Seelchens“ wehrte, das ihr die deutsche Filmindustrie der frühen Fünfziger aufgedrückt hat. Es passt nicht. Für dieses Gesicht, für diese Frau lässt sich kein Etikett finden.

Jetzt wird Maria Schell im Deutschen Filmmuseum gewürdigt, mit einer Ausstellung und einer Filmreihe, die ab 31. Januar zu sehen sind. Zum ersten Mal werden Stücke aus dem Nachlass präsentiert, den das Frankfurter Institut nach dem Tod der Schauspielerin 2005 von deren Familie erhalten hat, darunter zahlreiche Fotos, Arbeitsmaterialien und persönliche Gegenstände. Auch für den reich bebilderten Begleitkatalog, der bereits im Henschel Verlag erschienen ist, konnten die Autoren erstmals den Nachlass wissenschaftlich auswerten. Zur Ausstellungseröffnung am 30. Januar werden Maria Schells Brüder Carl und Maximilian Schell, ihr geschiedener Mann Veit Relin sowie ihre Kinder Oliver Schell und Marie Theres Kroetz Relin in Frankfurt erwartet.

Als Tochter einer österreichischen Schauspielerin und eines Schweizer Schriftstellers wurde Maria Schell am 15. Januar 1926 in Wien geboren. Nach Österreichs „Anschluss“ an das NS-Regime 1938 floh die Familie in die Schweiz, wo „Gritli Schell“ auf Vermittlung der Mutter schon früh ihren ersten Film („Steibruch“, 1942) drehte. Während folgender Theaterengagements, u. a. in Bern, wurde aus dem „Gritli“ um 1947 Maria Schell. Durch weitere Filme in Österreich, der Schweiz und England war die Schauspielerin bereits bekannt, als sie 1950 ihr erstes bundesdeutsches Filmangebot erhielt: In der Rolle der Madeleine in dem Melodram „Es kommt ein Tag“ eroberte sie an der Seite von Dieter Borsche das Publikum. Mit ihrem Lächeln unter Tränen avancierte sie schlagartig zum großen Kinostar des bundesdeutschen Nachkriegsfilms. Sie und O. W. Fischer wurden Anfang der fünfziger Jahre zum „Traumpaar der Adenauer-Ära“.

Der internationale Durchbruch glückte Maria Schell in dem Antikriegsfilm „Die letzte Brücke“ unter der Regie von Helmut Käutner. Für ihre Darstellung einer Lazarettschwester wurde sie bei den Filmfestspielen in Cannes 1954 ausgezeichnet. In den folgenden Jahren drehte Schell in Frankreich unter René Clément („Gervaise“, 1955) und in Italien unter Luchino Visconti („Le Notti Bianche“, dt. „Weiße Nächte“, mit Marcello Mastroianni und Jean Marais, 1957). 1957 wurde sie nach Hollywood engagiert, wo sie u. a. mit Yul Brunner in „The Brothers Karamazov“ (dt. „Die Brüder Karamasow“, 1957/58) und mit Gary Cooper in „The Hanging Tree“ (dt. „Der Galgenbaum“, 1958/59) spielte.

Den Höhepunkt der Karriere von Maria Schell symbolisiert in der Frankfurter Ausstellung ein Triumphbogen, um den sich etwas vom Glamour der Filmwelt in den fünfziger Jahren ausbreitet. Auf einem Foto von 1951 blickt die Schell im schillernden Abendkleid verzückt auf ihren allerersten Bambi. Drumherum sind effektvoll alle nationalen wie internationalen Preise drapiert, die die Schauspielerin erhielt, bis zum letzten Bambi für ihr Lebenswerk (2002). Zugleich wird in der Ausstellung aber deutlich, dass Maria Schell sich diesen Erfolg hart erarbeitet hat. Ihr Rollenbuch für „Die Brüder Karamasow“ etwa ist voll von Randbemerkungen, die sie in ihrer kleinen Schrift mit dünnster Füllfeder hineingekritzelt hat. Die Schell erschloss sich nämlich ihre Rollen durch Lesen, Lesen, Lesen - und das Aufschreiben ihrer Gedanken dazu. Fünfzig Mal ackerte sie jedes Drehbuch durch, wie ihre Tochter Marie Theres im Ausstellungskatalog erzählt, und für jeden geschafften „Durchgang“ machte sie einen Strich ans obere Eck der Seite.

Nach den bis 1961 währenden Erfolgsjahren, die die Ausstellung eng an und mit den Filmen dokumentiert, ging Maria Schell neue Wege. Die Schau folgt ihr auf den Stationen von der erfüllten Theaterarbeit an der Seite ihres zweiten Ehemanns Veit Relin über spätere Auftritte in populären Fernsehproduktionen wie der Serie „Die glückliche Familie“ bis zum völligen Rückzug auf die familieneigene Alm in Kärnten. Schon lange vor ihrem Tod am 26. April 2005 hatte sich Maria Schell in ein „Zwischenreich“ verabschiedet. Bis zuletzt überstrahlte jedoch ein Gemälde von Gottfried Helnwein ihre privaten Räume: ein rückblickend entstandenes Porträt der jungen Maria Schell. Es setzt nun den Schlusspunkt in der Frankfurter Ausstellung.

Sabine Hock

Die Sonderausstellung „Maria Schell“ mit der begleitenden Filmreihe ist vom 31. Januar bis 17. Juni 2007 im Deutschen Filmmuseum, Schaumainkai 41, 60596 Frankfurt am Main, zu sehen. Der Ausstellungskatalog „Maria Schell“ ist im Henschel Verlag, Berlin/Leipzig, erschienen und zum Preis von 24,90 Euro auch im Buchhandel erhältlich.

Wochendienst, hg. v. Presse- und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, Nr. 3 vom 23.01.2007

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